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Afghanistan-Memo #2: Mai 2025: Russland streicht Taliban von Terrorliste, Umstrukturierungen, neue Propaganda und Flüchtlingssorgen

Afghanistan-Memo #2: Die Lage in Afghanistan bleibt auch Ende April/Anfang Mai 2025 von politischen Weichenstellungen und sicherheitspolitischen Umbrüchen geprägt. Während Russland die Taliban offiziell von ihrer Terrorliste streicht und die Taliban eine massive Umstrukturierung der Sicherheitskräfte einleiten, intensiviert der Islamische Staat Provinz Khorasan (ISKP) seine Propagandakampagnen. Parallel verschärfen sich innerafghanische Spannungen durch die Flüchtlingsrückführungen und den wachsenden Widerstand gegen Taliban-Resettlement-Projekte im Norden.

In diesem Beitrag fassen wir die wichtigsten Entwicklungen zusammen – mit einem Fokus auf geopolitische Veränderungen, sicherheitspolitische Maßnahmen, Propagandaaktivitäten und gesellschaftliche Dynamiken.

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Afghanistan-Memo #2: Mai 2025: Russland streicht Taliban von Terrorliste, Umstrukturierungen, neue Propaganda und Flüchtlingssorgen

Sicherheitslage in Afghanistan bleibt ruhig

In den vergangenen Wochen blieb die Sicherheitslage in Afghanistan stabil. Es wurden keine Vorfälle oder größeren Angriffe gemeldet, die von internationalen Medien aufgegriffen wurden.

Russland entfernt Taliban offiziell von Terrorliste

Ein bedeutender außenpolitischer Schritt: Russlands Oberster Gerichtshof hat die Taliban offiziell von der Liste verbotener Terrororganisationen gestrichen. Dies markiert eine symbolische Annäherung Moskaus an die derzeitigen Machthaber in Kabul. Der russische Botschafter in Afghanistan übermittelte am 18. April 2025 offiziell die Entscheidung an den Taliban-Außenminister Mawlawi Amir Khan Muttaqi.

Taliban kündigen umfassende Personalreduktion im Sicherheitsapparat an

Ein internes Schreiben der Zentralen Sicherheits- und Räumungskommission der Taliban, unterzeichnet von Verteidigungsminister Mawlawi Mohammad Yaqub Mujahid, legt einen 7-Schritte-Plan zur Reduzierung des Sicherheitssektors um 30 Prozent dar:

  1. Entlassung von Personen, die als „widerwärtig und unerwünscht“ gelten (vor allem Mitarbeiter der Republik-Ära).
  2. Entlassung der nach dem 15. August 2021 neu eingetretenen Taliban-Kämpfer.
  3. Entlassung von Unterstützern aus den letzten 20 Jahren, die später eingestellt wurden.
  4. Entlassung von Angehörigen gefallener Kämpfer, außer deren Vätern und Söhnen.
  5. Entlassung von Freiwilligen, die in die Reserve wechseln möchten.
  6. Entlassung aus Familien mit mehr als zwei Sicherheitsmitarbeitern.
  7. Falls weitere Reduktionen nötig sind: Entlassung älterer Taliban-Mitglieder oder Kämpfer mit nur einem Jahr Erfahrung.

Abgesehen von den unter Schritt 1 entlassenen Personen sollen alle Betroffenen 5.000 AFN monatlich erhalten. Die Dauer dieser Unterstützung bleibt unklar.

Taliban (Islamisches Emirat Afghanistan - IEA)

Taliban weist UN-Kritik an Hinrichtungen zurück

Am 16. April 2025 wies die Taliban-Führung die Kritik der UN-Mission UNAMA an kürzlich erfolgten Hinrichtungen scharf zurück. Die Taliban bezeichneten die Äußerungen als „verantwortungslos“ und warnten UNAMA davor, künftig islamische Scharia-Entscheidungen öffentlich infrage zu stellen.

Rückkehr von Innenminister Haqqani

Am 20. April 2025 leitete Innenminister Sirajuddin Haqqani ein hochrangiges Treffen in Kabul. Dies war seine erste offizielle öffentliche Aktivität seit seinem Verschwinden im Dezember 2024 nach der Ermordung seines Onkels Khalil Haqqani.

ISKP (Islamischer Staat Provinz Khorasan)

Propagandaoffensive der ISKP-Medien

Pro-ISKP-Plattformen wie Al-Azaim, Mubarizin und Al-Hadid veröffentlichten am 22. April 2025 neue Propagandainhalte. Die Taliban werden darin scharf kritisiert, insbesondere wegen eines kürzlichen Besuchs einer US-Delegation in Kabul.

Einführung neuer ISKP-Propagandareihe „News Hour“

Am 26. April 2025 startete Mubarizin Media eine neue Audio-Reihe namens „News Hour“, die zweimal pro Woche erscheint. Inhalte sind vor allem Angriffsberichte des IS und politische Kommentare auf Paschtu. Dies trotz der sinkenden operativen Aktivitäten der ISKP in der Region Afghanistan–Pakistan.

Weitere Entwicklungen

Hizb ut-Tahrir unterstützt Taliban bei Umsetzung der Scharia

Hizb ut-Tahrir Afghanistan verteidigte am 16. April 2025 die Taliban im Streit mit UNAMA über Hinrichtungen und bezeichnete die strikte Umsetzung der Scharia als „rechtliche Verpflichtung“.

Taliban reagieren auf steigende Mieten in Kabul

Wegen explodierender Mieten, ausgelöst durch den Zustrom von Rückkehrern aus Pakistan und Iran, veröffentlichte das Justizministerium Hotlines für Beschwerden über überhöhte Mietforderungen. Allein aus Pakistan sind in den letzten zwei Wochen rund 60.000 Afghanen zurückgekehrt (Stand: 17. April 2025).

Kuriose Begegnung: Brite berichtet über „Romanze“ mit Taliban-Mitglied

Der 30-jährige britische Tourist Toyosi Osideinde berichtete von einer angeblichen romantischen Begegnung mit einem Taliban-Mitglied während seiner sechstägigen Afghanistanreise im November 2024.

Festnahme von Ex-Abgeordnetem in Kenia

In Nairobi wurde der ehemalige afghanische Abgeordnete Abdul Zahir Qadir festgenommen. Er wird von den USA wegen Drogenhandels und illegalen Waffenbesitzes gesucht. Die Auslieferung ist in Vorbereitung.

Zerfall der afghanischen Oppositionsallianz

Wichtige Anti-Taliban-Gruppen wie die NRF und Afg Freedom haben sich von der „Nationalversammlung zur Rettung Afghanistans“ distanziert. Streitigkeiten um die Ernennung von Umar Daudzai als Geschäftsführer zeigen erneut die tiefe Spaltung der Opposition gegen die Taliban.

Streit um Umsiedlungsprojekte im Norden Afghanistans

Nach der Eröffnung einer neuen Flüchtlingssiedlung in Faryab durch die Taliban äußerten lokale Usbeken-Vertreter und Ex-Warlord Abdul Malik starke Sicherheitsbedenken. Sie werfen den Taliban vor, „fremde Elemente“ gezielt im Norden anzusiedeln. Die Taliban bauen landesweit neue Siedlungen für zurückkehrende Flüchtlinge.

Fazit Afghanistan-Memo #2

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt oberflächlich ruhig. Es gab zuletzt keine größeren Vorfälle, während die Taliban intern durch einen umfassenden Personalabbau ihren Sicherheitsapparat neu ordnen – ein Zeichen begrenzter Ressourcen und wachsender Loyalitätsprobleme.

Russlands Streichung der Taliban von der Terrorliste markiert eine außenpolitisch bedeutende Annäherung und stärkt die internationale Stellung Kabuls – zumindest symbolisch.

Die ISKP versucht, mit neuen Propagandaformaten Relevanz zu zeigen, bleibt operativ aber auffällig still. Zugleich deuten Entwicklungen wie der öffentliche Auftritt von Innenminister Haqqani, Spannungen um Rückkehrer und steigende Mieten auf soziale und politische Risiken unter der Oberfläche hin.

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