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„Die Zeit der Monster“ – US-Zölle und die neue Welt der Allianzen. Analyse von Prof. Dr. Carlo Masala

Zölle als geopolitische Waffe: Die USA nutzen ihre wirtschaftliche Macht, um neue Abhängigkeiten zu schaffen – und lösen damit unerwartete Allianzen aus. Exklusiv für AKE | SKABE analysiert Prof. Dr. Carlo Masala, wie sich die Weltordnung verschiebt und welche Rolle Washingtons Unberechenbarkeit dabei spielt.

Portrait
Prof. Dr. Carlo Masala
Wissenschaftlicher Berater

Prof. Dr. Carlo Masala ist Experte für Sicherheits- und Verteidigungspolitik und leitet an der Universität der Bundeswehr München u. a. das Center for Intelligence and Security Studies (CISS). AKE | SKABE unterstützt er als wissenschaftlicher Berater und veröffentlicht u. a. exklusive Beiträge zu sicherheitspolitischen und geostrategischen Themen.

„Die Zeit der Monster“ – US-Zölle und die neue Welt der Allianzen. Analyse von Prof. Dr. Carlo Masala

„Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren. Es ist die Zeit der Monster.“ Dieser häufig zitierte Satz des italienischen Kommunisten Antonio Gramsci ist so etwas wie der Poesiealbumsspruch geopolitischer Analysen der vergangenen Jahre geworden. Er passt jedoch auf viele Prozesse, die wir beobachten können, und soll deshalb auch am Anfang dieser kurzen Ausführungen stehen. Die Monster, die wir sehen, sind neue Verbindungen und Allianzen, die sich zwischen Staaten anbahnen und von denen die meisten Beobachter der internationalen Politik noch vor wenigen Monaten nicht zu (alb-)träumen gewagt haben.

Sicherheitsgarantien gegen wirtschaftliche Gefälligkeiten: Zölle als strategisches Werkzeug der USA

Ursächlich für diese Entwicklungen ist die US-Zollpolitik. Diese hat aus amerikanischer Sicht zwei Ziele:

  1. Das existierende Welthandelssystem, das rund um die Welthandelsorganisation aufgebaut wurde, durch ein System abzulösen, bei dem es bilaterale Außenhandelsvereinbarungen zwischen Staaten gibt, die es den USA erlauben, ihre wirtschaftliche Überlegenheit besser zur Geltung zu bringen.
  2. Die USA lassen sich ihre Rolle als Schutzmacht bestimmter Staaten zukünftig bezahlen. Je abhängiger Staaten oder Regionen von den USA sind, desto eher sind sie bereit, solchen Deals zuzustimmen. Denn sie haben Angst, dass die USA ihnen den sicherheitspolitischen Schutz entziehen.

Die Achillesferse: unzuverlässige US-Politik

Das Problem, das aber in dieser Politik existiert, ist – wie auch in anderen Bereichen – die Unzuverlässigkeit der US-Administration. Einmal vereinbarte Maßnahmen werden nach Lust und Laune verschärft. So droht die Trump-Administration der EU jetzt mit der Anhebung der Zölle, wenn diese den Digital Services Act gegen US-Tech-Unternehmen anwendet. Das, nachdem man einen Deal mit den Europäern geschlossen hat, den die EU-Kommission besser als nichts findet und den die meisten politischen Beobachter als Erniedrigung bezeichnen.

Auch Indien musste die Erfahrung machen, dass die von der Trump-Administration angekündigten 25 Prozent Zölle auf alle indischen Exporte mal nolens volens auf 50 Prozent erhöht wurden, weil Indien von Russland Öl bezieht. Die Tatsache, dass China, ein Land, das noch mehr Öl aus Russland bezieht, geschont wurde, wurde in Neu-Delhi mit Stirnrunzeln wahrgenommen.

Globale Reaktionen: unerwartete Allianzen im Aufbruch

Aus der Forschung zur Allianzbildung wissen wir, dass sich Allianzen gegen die als am bedrohlichsten empfundene Macht bilden. Die Unberechenbarkeit der USA ist für viele Staaten offensichtlich bedrohlicher als die militärische und ökonomische Macht, die die USA noch immer unzweifelhaft besitzen. Diese Unberechenbarkeit bringt eine neue Dynamik in die zwischenstaatliche Kooperation.

So beraten Japan, Südkorea und China gemeinsam, wie man mit der Androhung von Zöllen umgehen, ihnen begegnen soll. Wie viele amerikanische Administrationen haben sich in den letzten sieben Jahrzehnten vergeblich an der japanisch-chinesischen Aussöhnung abgearbeitet?

Zölle machen es möglich.

Ein neuer Block gegen Washingtons Unberechenbarkeit

Auch Indien, das sich zwischen China, Russland und den USA stets um Äquidistanz bemühte, streckt nun seine Fühler nach Moskau und Peking aus, um auch hier eine engere Partnerschaft gegen das unberechenbare Washington zu schmieden.

Wir sehen, die Welt ist in Bewegung, und in der Tat ist es die Zeit der Monster.

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