„Versicherungsschutz auch im Krisengebiet – so ermöglichen wir deutschen Unternehmen den sicheren Markteintritt“. Interview mit Friedrich Haas
Versicherungsschutz in Kriegs- und Krisengebieten – für viele Unternehmen klingt das nach einem Widerspruch. Entsprechend zögerlich reagiert der deutsche Mittelstand, wenn es um Investitionen in schwierigen Märkten wie der Ukraine oder Syrien geht – während internationale Wettbewerber sich längst ihr Stück vom Kuchen gesichert haben.
Im Interview verrät Friedrich Haas, Geschäftsführer der AKE | SKABE GmbH und Spezialist für Reise- und Auslandssicherheit sowie Krisenmanagement, warum sich ein Markteintritt in Krisengebiete gerade für deutsche Unternehmen lohnen kann und wie sie diesen mit entsprechenden Versicherungen absichern können.

Friedrich Haas ist Experte für Reise- und Auslandssicherheit sowie Krisenmanagement. Bei AKE | SKABE ist er spezialisiert auf Sicherheitskonzepte, insbesondere für Geschäftsreisen und Standorte, und er berät Unternehmen in Krisensituationen.

Herr Haas, viele deutsche Unternehmen schrecken davor zurück, in Krisen- oder Kriegsgebieten wie der Ukraine oder Syrien tätig zu werden. Ein oft genannter Grund: Die Annahme, dass man dort ohnehin keine Versicherungen bekommt. Wie ist Ihre Einschätzung dazu als Experte für Reise- und Auslandssicherheit?
Das hören wir bei AKE | SKABE tatsächlich immer wieder – und es ist ein weitverbreiteter Irrtum. Natürlich ist ein Versicherungsschutz für Krisengebiete schwieriger zu erhalten als für stabile Regionen, aber es ist nicht unmöglich. Inzwischen gibt es sogar wieder Versicherungen für Tätigkeiten in Syrien.
Wir selbst arbeiten seit über 15 Jahren in Krisen- und Kriegsgebieten und wissen aus eigener Erfahrung, welche Lösungen es gibt. Unser Personal wäre ohne entsprechende Versicherungen niemals vor Ort. Es geht also – mit dem richtigen Know-how.
Aber AKE | SKABE ist ja kein Versicherungsmakler. Wie können Sie Unternehmen dabei konkret helfen?
Richtig, wir sind kein Makler. Aber wir kennen die internationale Szene der Spezialversicherer und -makler seit vielen Jahren. Wir wissen, wer was kann – und wer eben nicht. Diese Kontakte stellen wir unseren Kunden zur Verfügung. Das heißt: Wir bringen Unternehmen mit genau den richtigen Partnern zusammen, die auch für schwierige Regionen maßgeschneiderte Versicherungslösungen anbieten. Gleichzeitig unterstützen wir beim Aufbau eines tragfähigen Sicherheits- und Risikomanagementkonzepts für Reisen oder länger Auslandsaufenthalte.
Welche Arten von Versicherungen sind denn für Tätigkeiten in Krisenregionen überhaupt realistisch?
Die wichtigsten sind: 1. Auslandsreisekrankenversicherungen mit passiver Kriegsdeckung, 2. Unfallversicherungen, ebenfalls mit passiver Deckung, sowie 3. Transport- und Standortversicherungen, je nach Bedarf auch ergänzt durch Terror- oder Kriegsdeckungen (oft auch War Covers genannt), und schließlich 4. Lösegeldversicherungen für Regionen mit einem erhöhten Risiko von Entführungen, Erpressung oder Geiselnahmen.
Dabei ist entscheidend, ob die Tätigkeit als passiv oder aktiv im Kontext des Krieges gilt. Wer sich nicht aktiv an Kampfhandlungen beteiligt – zum Beispiel Monteure, Journalisten, Manager –, kann in der Regel versichert werden. Eine NGO, die Zivilisten evakuiert, ist versicherbar. Aber eine Organisation, die militärische Unterstützung leistet, überschreitet diese Grenze.
Lösegeldversicherungen decken vor allem auch die Kosten des Krisenmanagements inklusive eines erfahrenen Verhandlungsführers, die sich schnell zum größten Kostenfaktor entwickeln können.
Und wie sieht das mit Immobilien oder Logistik aus?
Auch hier gibt es Lösungen – abhängig vom jeweiligen Land und der Einschätzung des Risikos durch den Versicherer. Für die Ukraine sehen wir aktuell, dass sowohl Transportversicherungen als auch Versicherungen von Anlagen und Immobilien erhältlich sind. Voraussetzung ist oft ein solides Sicherheitskonzept, das nachweisbar Risiken reduziert. Wir helfen Unternehmen, solche Konzepte praxisnah und wirksam umzusetzen.
Was ist mit staatlicher Unterstützung? Gibt es auch Instrumente außerhalb des privaten Versicherungsmarkts?
Ja, es gibt sogenannte Hermesdeckungen der Bundesregierung. Diese staatlichen Ausfallversicherungen greifen bei politischen Risiken wie Krieg, Enteignung oder Sabotage. Die Abwicklung erfolgt über PWC hinsichtlich Investitionsgarantien oder Allianz Trade (ehemals Euler Hermes) für Exportkreditgarantien im Auftrag des Bundes. Wichtig ist: Diese Lösungen gelten in der Regel für Investitionen und Exporte, die meistens mit Geschäftsreisen oder Tätigkeiten vor Ort verbunden sind – daher sollten beide Versicherungssphären immer gemeinsam betrachtet werden.
Warum tun sich ausgerechnet viele deutsche Unternehmen damit so schwer?
Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist da die rechtliche Unsicherheit – niemand möchte als Geschäftsführer wegen grober Fahrlässigkeit haften, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter unversichert in ein Kriegsgebiet reist. Zum anderen spielen fehlende Informationen und pauschale Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes sowie zurückhaltende Äußerungen von Verbänden oder Versicherungsvertretern eine Rolle. Die mediale Berichterstattung tut ihr Übriges, indem sie oft nur die heftigsten Kampfzonen thematisiert.
Währenddessen sichern sich Wettbewerber zum Beispiel aus der Türkei, China, Frankreich oder den USA längst Aufträge vor Ort. Sie handeln pragmatisch – und nutzen genau die Versicherungsmodelle, über die wir hier sprechen.
Was raten Sie also deutschen Mittelständlern, die über einen Markteintritt in Krisenregionen nachdenken?
Lassen Sie sich nicht von Mythen abschrecken. Ja, es gibt Risiken – aber es gibt eben auch professionelle Wege, sie zu managen und abzusichern. Der Schlüssel ist: gute Vorbereitung, ein durchdachtes Sicherheitskonzept und die richtigen Partner. Wer frühzeitig handelt, hat die Chance, sich Märkte zu erschließen, während andere noch zögern.