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Analyse

Das Prinzip Hoffnung funktioniert nicht mehr. Analyse zu Europa von Prof. Dr. Carlo Masala

Europa steht unter Druck: Die USA wenden sich ab, Russland testet die Grenzen der europäischen Sicherheit und China nutzt seine Rohstoff- und Datenmacht strategisch aus. Außenhandelspolitik ist längst zu einem zentralen Instrument der Machtprojektion geworden.

Prof. Dr. Carlo Masala analysiert exklusiv bei AKE | SKABE, ob wir Zeugen eines möglichen Abstiegs Europas werden und welche Sicherheits- und außenpolitischen Verschiebungen Europas Handlungsfähigkeit bestimmen werden.

Portrait
Prof. Dr. Carlo Masala
Wissenschaftlicher Berater

Prof. Dr. Carlo Masala ist Experte für Sicherheits- und Verteidigungspolitik und leitet an der Universität der Bundeswehr München u. a. das Center for Intelligence and Security Studies (CISS). AKE | SKABE unterstützt er als wissenschaftlicher Berater und veröffentlicht u. a. exklusive Beiträge zu sicherheitspolitischen und geostrategischen Themen.

Das Prinzip Hoffnung funktioniert nicht mehr. Analyse zu Europa von Prof. Dr. Carlo Masala

Erleben wir gerade den Abstieg Europas? Angesichts der Entwicklungen der vergangenen Monate ist diese Frage mehr als berechtigt. Die USA wenden sich zunehmend von Europa als sicherheitspolitischem Partner ab und betrachten den Kontinent immer stärker als wirtschaftlichen Konkurrenten, dessen Einfluss es zu begrenzen gilt.

Außenhandelspolitik als Machtinstrument

Die Antwort auf die Frage, warum Teile der Trump-Administration so begeistert rechtspopulistische und teils offen rechtsextremistische Kräfte in ganz Europa unterstützen, liegt auf der Hand: Die außenwirtschaftliche Macht der EU soll gebrochen werden. Denn obwohl Europa noch immer (oder wieder) ein (sicherheits-)politischer Zwerg ist – in Fragen der Außenhandelspolitik ist es ein Schwergewicht. Eines von dreien auf dieser Welt. Europa, China, USA. Verhandlungen mit diesem Schwergewicht zwingen die USA immer wieder zu Kompromissen. Etwas, das Donald Trump auf den Tod nicht ausstehen kann.

Russlands strategisches Ziel: Abhängigkeit Europas

Über Russland muss man nicht viele Worte verlieren. Russland versucht, Europa in seine Abhängigkeit zu zwingen. Es hat nichts gegen ein wirtschaftlich starkes Europa, wohl aber gegen ein Europa, dessen Sicherheit auf der NATO, sprich den Amerikanern basiert. Die Tatsache, dass die Bereitschaft der USA, den Europäern kollektive Güter zur Verfügung zu stellen, rapide sinkt, und der Fakt, dass sich Washington als Garant europäischer Sicherheit sukzessive verabschiedet, kommt den strategischen Interessen des Diktators im Kreml daher sehr entgegen. Die Vorzeichen sind bereits unübersehbar: eine rotierende Brigade, die aus Rumänien abgezogen werden soll, die Verlegung der USS Ford aus dem Mittelmeerraum zur Unterstützung dessen, was auch immer die Trump-Administration vor Venezuela vorhat, sowie die Ankündigung, die militärischen Assistenzprogramme für die baltischen Staaten einzustellen.

Ukraine, NATO und die Rückkehr alter russischer Einflusszonen

Sollte Russland in der Ukraine seine Maximalforderungen durchsetzen und sich die USA nicht mehr als Teil der NATO betrachten, weil sie eine Vermittlerrolle zwischen der NATO und Russland einnehmen wollen (so, wie es der ursprüngliche 28-Punkte-Plan vorsieht), dann kommt Russland seinem Ziel, Teile Europas erneut unter seine politische und ökonomische Kontrolle zu bringen, ein gewaltiges Stück näher.

China: Rohstoffe, Daten und Druck auf Europa

Bleibt zuletzt China. Das Reich der Mitte lässt den Rest der Welt gerade sehr deutlich spüren, über welche ökonomische und politische Macht es verfügt. Stillschweigend drückt es europäischen Firmen Rohstofflizenzen aufs Auge. Klingt erst einmal gut, ist jedoch brandgefährlich. Denn seltene Erden gibt es nur noch gegen Daten. Und niemand weiß, welche Daten China von den Firmen fordert. Da aber Daten, vereinfacht gesagt, für die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts das sind, was Öl im 20. Jahrhundert war, verschafft sich die Volksrepublik hiermit einen immensen Vorteil. Auch in anderen Bereichen setzt China seine seltenen Erden und weitere Rohstoffe bewusst ein, um Wohlgefallen zu erzwingen oder Signale zu senden. So stellte Peking just in dem Moment, als sich Europa dazu durchgerungen hatte, Artilleriemunition für die Ukraine zu produzieren, den Export von Schießbaumwolle für einige Monate ein. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.

Europa zwischen Regulierung und geopolitischer Realität

Und Europa? Befasst sich mit der Frage, ob vegane Wurst in Zukunft noch Wurst genannt werden darf. Zugegeben, diese Feststellung ist etwas unfair. Wenn man sich jedoch vor Augen führt, dass Europa wie ein Kaninchen auf drei Schlangen schaut, die es derzeit zeitgleich attackieren, dann muss dieser Satz erlaubt sein. Es ist allerdings nicht so, dass Kommission und Parlament die momentane geopolitisch und geoökonomisch heikle Lage für Europa nicht bereits antizipiert und entsprechende Strategiepapiere und Dokumente erarbeitet hätten. Es sind vielmehr die Mitgliedsstaaten, die sich sträuben zu handeln.

Das Prinzip Hoffnung – Europas gefährliche Illusion

Denn bei ihnen dominiert nach wie vor das Prinzip Hoffnung. Die Hoffnung, dass alles nicht so schlimm kommen wird, wie manche es befürchten, dass wir bald wieder in Harmonie leben werden und alle einsehen, dass Kooperation gewinnbringend ist. Damit gibt sich Europa der größten Illusion des 21. Jahrhunderts hin. Dem Glauben, dass es noch irgendjemanden interessiert, was Europa will, und dem Glauben, dass Europa doch noch irgendwie auf dieser Welt wichtig ist. Wenn der Veganer Europa nicht schnell erkennt, dass er jeder Menge Fleischfresser gegenübersteht und die pflanzliche Nahrung auf diesem Planeten ausgeht, dann stehen wir nicht nur am Abgrund, dann sind wir bereits einen Schritt weiter.

Kontakt

Unternehmen, die nicht darauf warten wollen, bis sich Europa auf gemeinsame Antworten geeinigt hat, können schon heute handeln: Integrieren Sie Geopolitik und Außenhandelspolitik aktiv in Ihre strategischen Entscheidungen. Die Global-Risk-Berater von AKE | SKABE unterstützen Sie dabei, Risiken realistisch einzuschätzen und belastbare Sicherheitsstrategien zu entwickeln.


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