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Wenn Geopolitik plötzlich zur Chefsache wird: Warum Unternehmen heute geostrategisch denken müssen und wie ihnen ein geopolitisches Risikomanagement helfen kann

Globale politische und gesellschaftliche Entwicklungen wirken sich immer schneller, direkter und spürbarer auf wirtschaftliche Entscheidungen aus: Ein Containerschiff steckt im Suezkanal fest, eine Wahl in Südamerika endet überraschend, ein Handelsabkommen wird kurzfristig ausgesetzt – Ereignisse wie diese können für international agierende Unternehmen binnen Stunden zum realen Problem werden: Produktionsausfälle, Lieferengpässe oder sogar rechtliche Konsequenzen sind keine Seltenheit.

Doch wie begegnet man dieser neuen Komplexität? Und wie können Unternehmen sich wappnen, ohne gleich ein ganzes Team dafür einstellen zu müssen? Die Antwort liegt in einem systematischen geopolitischen Risikomanagement – einem Werkzeug, das wirtschaftliches Handeln widerstandsfähiger, vorausschauender und letztlich auch verantwortungsbewusster macht.

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Manuel Grubenbecher
Geschäftsführender Gesellschafter

Manuel Grubenbecher ist langjähriger geopolitischer Sicherheitsberater für Unternehmen, staatliche Institutionen sowie NGOs. Sein Schwerpunkt ist das globale Risikomanagement.

Wenn Geopolitik plötzlich zur Chefsache wird: Warum Unternehmen heute geostrategisch denken müssen und wie ihnen ein geopolitisches Risikomanagement helfen kann

1. Geopolitik als Managementsystem: Was tun, wenn plötzlich das Undenkbare passiert?

Ein Land, das gestern noch als stabil galt, verhängt überraschend Ausfuhrverbote. Ein lokaler Konflikt eskaliert und gefährdet Produktionsstandorte. Sanktionen werden beschlossen, bevor überhaupt Zeit bleibt, Alternativen zu prüfen. Geopolitik ist längst nicht mehr nur ein Thema für Außenministerien und Nachrichtendienste – sie ist zur Realität im Managementalltag geworden. Wer sich am Markt behaupten will, muss geopolitische Risiken deshalb ernst nehmen – und vor allem: professionell managen.

Viele Unternehmen verfügen bereits über ein etabliertes Risikomanagement nach Standards wie ISO 31000. Warum also nicht die bewährten Strukturen nutzen, um auch geopolitische Bedrohungslagen systematisch zu erfassen, zu bewerten und zu dokumentieren?

Ein solches geopolitisches Managementsystem funktioniert nicht anders als andere Managementsysteme: Es denkt in Prozessen, arbeitet mit klaren Bewertungsmaßstäben und zielt darauf ab, Risiken frühzeitig zu erkennen – auf strategischer, taktischer und operativer Ebene. Das Fundament: eine gut organisierte, kontinuierliche Informationsbeschaffung.

Doch damit nicht genug. In einer Welt, in der politische Entwicklungen ganze Lieferketten zum Erliegen bringen können, ist es entscheidend, nicht nur zu analysieren, sondern auch zu dokumentieren, wie das Unternehmen auf diese Bedrohungslagen reagiert. Denn wird der Geschäftsbetrieb unterbrochen, stellen sich sofort haftungsrechtliche Fragen: Konnte das Unternehmen nachweisen, dass es geopolitische Risiken in seiner Planung berücksichtigt hat? Wenn ja, kann das rechtlich von großem Vorteil sein – etwa gegenüber Vertragspartnern oder Versicherungen.

Aber was, wenn ein solches Risikomanagementsystem bisher noch gar nicht existiert? Kein Grund zur Panik – aber ein guter Anlass, eines einzurichten. Auch die Integration in bestehende Strukturen, zum Beispiel im Rahmen der ISO 9001 (Qualitätsmanagement), ist möglich. Ein zertifizierter Global-Risk-Berater kann dabei helfen: Er analysiert Ihre Bedarfe, unterstützt Sie bei der Implementierung von Prozessen in Managementsystemen oder bei deren Aufbau.

2. Zuständigkeit im Unternehmen: Warum Geopolitik im Unternehmen ein Gesicht braucht

Datenschutzbeauftragte (DSB), Informationssicherheitsbeauftragter (ISB), Compliance-Verantwortliche – in vielen Unternehmen haben sich über die Jahre zentrale Rollen etabliert, die sich um konkrete Risiken kümmern. Und das aus gutem Grund: Je komplexer das Umfeld, desto wichtiger ist es, klare Zuständigkeiten zu schaffen.

Warum also nicht auch für Geopolitik? Wer globale Märkte bedienen will, sollte auch geopolitische Entwicklungen im Blick behalten – nicht nur als gelegentliches Thema im Strategiemeeting, sondern als festen Bestandteil unternehmerischer Planung. Dafür braucht es jemanden, der den Überblick behält. Eine zentrale Schnittstelle. Einen Koordinator, der Informationen bündelt, Entwicklungen einordnet und Empfehlungen aussprechen kann: einen Global-Risk-Berater.

Der Global-Risk-Berater: Ansprechpartner für geopolitische Unternehmensstrategie

Diese Rolle muss nicht zwingend eine ganze Abteilung füllen. Es reicht oft eine klar definierte Verantwortlichkeit – ob intern besetzt oder durch eine externe Beratung, die auf fundierte Analysen, erfahrene Informanten und ein internationales Netzwerk zugreifen kann. Der Vorteil: Die Geschäftsführung hat einen direkten Ansprechpartner, der Entwicklungen beobachtet, bewertet – und im Ernstfall schnell reagieren kann.

Die Aufgabe eines Global-Risk-Beraters ist es, eine geopolitische Unternehmensstrategie zu entwickeln, die mit der übergeordneten Geschäftsstrategie verzahnt ist. Fragen wie „In welchen Ländern wollen wir investieren?“, „Wie bewerten wir politische Risiken?“ oder „Wie hoch ist unser Risikoappetit?“ gehören genauso dazu wie Überlegungen zu möglichen Eskalationsstufen und Frühwarnindikatoren.

Geopolitik lässt sich nicht ausblenden – aber professionell steuern

Wer diese Verantwortung im Unternehmen sichtbar macht, sendet ein starkes Signal: Wir erkennen die Realität globaler Unsicherheiten an – und wir begegnen ihr mit Struktur, Klarheit und Weitblick.

3. Frühwarnsystem für globale Risiken: Wie Global-Risk-Beratung Unternehmen schützt

Manchmal ist es nur eine Nachricht in den Abendnachrichten. Ein Regierungswechsel, ein neues Gesetz, ein regionaler Konflikt. Doch genau diese Ereignisse können binnen Stunden darüber entscheiden, ob ein Unternehmen liefern kann, ob Verträge noch gelten – oder ob Mitarbeiter in Sicherheit sind. Dabei zählt vor allem eines: Information. Wer Risiken früh erkennen will, braucht ein professionelles System zur Beobachtung und Bewertung politischer Entwicklungen – politisches Monitoring.

Informationen als strategischer Schutzschild

Entscheidend zur Verminderung geopolitischer Risiken ist eine strukturierte, kontinuierliche Informationsbeschaffung. Nicht als lose Sammlung von Nachrichten – sondern als Teil eines klaren Systems der Risikofrüherkennung, wie sie auch rechtlich immer stärker eingefordert wird.

Ein erster konkreter Schritt: die Erstellung von Global-Risk-Länderdatenbanken

Mit einer Global-Risk-Länderdatenbank erhalten Sie fortlaufend aktualisierte Infos zu globalen Risiken in Ländern und Regionen, die für Ihr Unternehmen relevant sind. Welche politischen oder gesellschaftlichen Entwicklungen zeichnen sich dort ab? Welche Konsequenzen kommen auf Ihr Unternehmen zu? Was früher als irrelevant galt – der sprichwörtliche Sack Reis, der in China umfällt –, kann heute massive Auswirkungen auf Lieferketten, Produktion oder Absatzmärkte in Deutschland haben.

Professionelle Länderdatenbanken leisten mehr, als nur auf Gefahren zu reagieren. Sie ermöglichen strategische Weitsicht:

  • Monitoring von Märkten, in denen das Unternehmen bereits tätig ist
  • Bewertung potenzieller Alternativen, etwa für Lieferketten, Sourcing oder Expansion

Dabei geht es nicht allein um Sicherheitslage oder politische Stabilität – sondern auch um wirtschaftliche Kriterien wie Marktpotenziale, Rohstoffverfügbarkeit oder regulatorische Bedingungen. Eine darauf aufbauende geopolitische Unternehmensstrategie ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor, der regelmäßig von Experten neu bewertet werden muss.

Risikobriefings & Monitoring: Was muss beobachtet werden?

Im Zentrum des Monitorings stehen klassische geopolitische, gesellschaftliche, aber auch geografische und klimatische Risiken, etwa:

  • Bürgerkriege und gesellschaftliche Unruhen, die Infrastruktur lahmlegen oder Menschen gefährden
  • Kriminalität und Korruption, die wirtschaftliche Abläufe untergraben
  • Internationale Konflikte oder Sanktionen, die ganze Märkte blockieren
  • Wahlen, die in manchen Regionen einen radikalen politischen Kurswechsel bedeuten können
  • Klimaereignisse wie Vulkanausbrüche, Tropenstürme, Überschwemmungen und Waldbrände, die Produktionsstätten bedrohen und Lieferketten abreißen lassen

Gerade auf dem afrikanischen Kontinent, in Teilen Asiens und Lateinamerikas oder aktuell in den USA zeigt sich oft: Mit einer neuen Regierung ändert sich nicht nur das Personal, sondern auch die Regeln. Verträge, Vereinbarungen und Zusagen können über Nacht wertlos werden.

Doch auch indirekte politische Risiken müssen einbezogen werden:

  • Mangelnde Rechtssicherheit, wenn Ansprüche juristisch kaum durchsetzbar sind
  • Verstöße gegen Menschenrechte, die rechtliche wie auch reputative Folgen haben
  • Klimatische Einflüsse und Umweltfaktoren, die etwa die Versorgung mit Rohstoffen oder den Zugang zu Standorten beeinflussen

Zunehmend wichtiger werden auch hybride Bedrohungen:

  • Cyberangriffe, gezielte Desinformation oder Wirtschaftsspionage können empfindliche Schäden verursachen.
  • Wer sensible Daten transportiert oder mit schützenswertem Know-how arbeitet, muss sich bewusst sein: Die digitale Welt ist längst Teil des geopolitischen Spielfelds.

Ein fundiertes Monitoring wird so zum Werkzeug unternehmerischer Resilienz: Es macht Risiken sichtbar, bevor sie zur Bedrohung werden – und schafft Handlungsspielräume.

Mitarbeitende schützen – vor Ort und in der Planung

Auch wenn Geschäftsreisen seit der Coronapandemie zurückgegangen sind, sind sie in vielen Bereichen weiterhin unverzichtbar. Doch wer Mitarbeitende in risikobehaftete Regionen entsendet, hat eine Arbeitgeberfürsorgepflicht und steht vor neuen Fragen:

  • Wie sicher ist das Zielland aktuell?
  • Welche Risiken bestehen für Personen, die als „weiche Ziele“ gelten – etwa durch Wirtschaftsspionage?
  • Wie müssen sie vorbereitet werden – technisch wie mental?

Hier reicht es nicht, nur auf Sicherheitsdienste zu setzen. Es braucht klare Richtlinien zum Umgang mit mobilen Geräten, Verhaltenshinweise in Krisensituationen und vor allem ein verlässliches Monitoring, das rechtzeitig warnt – und im Ernstfall schnelle Reaktionen ermöglicht. Eine Global-Risk-Beratung kann hier als Nachweis der Dokumentationspflicht dienen, beispielsweise der Arbeitgeberfürsorgepflicht, gegenüber Vertragspartnern, Behörden, Versicherungen und zur Abwehr von Schadenersatzansprüchen.

Auch medizinische Risiken werden oft unterschätzt. Vor der Entsendung von Mitarbeitenden ins Ausland gilt es zu klären: Gibt es Krankheiten, die in bestimmten Regionen besonders gefährlich sind? Wie sieht die Gesundheitsversorgung vor Ort aus? Falls sie fehlt: Wie lässt sich eine alternative Struktur aufbauen, etwa durch Partnerschaften mit Kliniken oder Rückholvereinbarungen?

Sinnvoll ist hier der Einsatz von Notfall-Apps mit 24/7-Service- & Notfallnummern zu Sicherheits- und medizinischen Fragen.

Sprachbarrieren & kultureller Kontext: die unterschätzten Stolpersteine

Eine zentrale Herausforderung bleibt die Auswertung internationaler Quellen. Denn viele Informationen liegen nicht in Englisch oder Deutsch vor, sondern in lokalen Sprachen wie Malaysisch, Arabisch oder Russisch. Zwar liefern spezialisierte Anbieter oder KI Übersetzungen, aber: Eine solche Übersetzung ersetzt kein Verständnis und kann auch keine Handlungen ableiten.

Ohne den kulturellen und politischen Kontext bleiben viele Aussagen interpretationsbedürftig. Was westliche Medien als alarmierend einstufen, ist vor Ort oft Alltag – oder umgekehrt.

Deshalb braucht es Menschen, die das Lokale kennen:

  • Eigene Mitarbeitende mit Sprachkenntnissen und Landeserfahrung
  • Lokale Partner, die Entwicklungen realistisch einschätzen können
  • Spezialisierte Analysten, die politische und kulturelle Nuancen korrekt einordnen

So lassen sich dramatisch klingende Medienberichte im Kontext verstehen – und tatsächliche Risiken frühzeitig erkennen.

4. Fazit: Wissen ist Sicherheit – geopolitisches Risikomanagement ist Verantwortung

Geopolitisches Risikomanagement ist keine Option – es ist Pflicht für international agierende Unternehmen. Nicht, weil man jede Krise verhindern kann. Sondern weil man vorbereitet sein muss, wenn sie eintritt.

Wer systematisch beobachtet, richtig einordnet und strukturiert dokumentiert, stärkt nicht nur die eigene Resilienz, sondern übernimmt auch Verantwortung: für Mitarbeitende, für Geschäftspartner und für das Unternehmen selbst.

Kontakt

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